An der Volkshochschule endete jetzt der erste Kurs für Asylbewerber. Das Bündnis für Humanität und Toleranz hat ihn angeschoben.
Von Ina Förster
[…]Yamem aus Syrien starrt in sein Buch. Das Wort Kartoffeln ist echt schwer auszusprechen. Neben ihm sitzt Landsmann Tarek, der ebenfalls gerade überlegt, wie er die Verkäuferin darum bitten könnte, den Käse im Stück und nicht in Scheiben zu bekommen. „Danke!“ „Bitte!“ Auch Höflichkeitsfloskeln gehören dazu. Der Dialog holpert noch etwas, aber Lehrerin Martina Mauksch wollte heute in der letzten Stunde des Kurses „Deutsch für Asylbewerber“ eben auch noch einmal solche Alltagsdinge einfließen lassen. Essen gehört zum Leben. Das Einkaufen auch. Es ist 16.30 Uhr und die letzte von drei aneinanderfolgenden Stunden ist gleich vorbei.
Hier in der Volkshochschule Kamenz haben sich die zwölf Ausländer aus Vietnam, Iran, Syrien, Tunesien und Afghanistan in den letzten acht Wochen getroffen. Und haben miteinander gelernt. Elf Männer, eine Frau. „Es war ein Intensivkurs, der natürlich erst einmal nur das Nötigste vermitteln konnte“, so Richard Boes, Sprecher des Kamenzer Toleranzbündnisses. Dieses hat die Sache angeschoben. „Die größte Hürde bei der Integration von Flüchtlingen in Deutschland ist doch, dass sie kein Deutsch sprechen, wenn sie zu uns kommen“, sagt der Gymnasium-Lehrer. Und das wird ja auch von der Regierung nicht gerade forciert. Das Recht, aber auch die Pflicht, überhaupt einen Integrationskurs zu machen, haben nur anerkannte Flüchtlinge. Diese besteht hauptsächlich aus Deutschunterricht. Alle anderen Flüchtlinge müssen sich selbst um das Deutschlernen kümmern und die Kosten dafür tragen.
Geld für Sprachunterricht fehlt
Aber das können viele nicht. „Hier bei uns haben die zwölf Asylbewerber jeweils 10 Euro dazugegeben. Das ist viel Geld für diese Menschen“, weiß Boes. Die Auserwählten wurden übrigens vom Kamenzer Heimleiter vorgeschlagen. Es waren durchweg Leute, die bereits geringe Vorkenntnisse hatten und sich auch offen für die Sache zeigten. Bei vielen sei das eben leider noch nicht der Fall. In der Kamenzer Volkshochschule hat das Toleranzbündnis dann einen guten Partner gefunden. Für Leiter Klaus Helbig war es selbstverständlich, sich mit um die Angelegenheit zu kümmern. „Wenn Sachsen allein in diesem Jahr mit etwa 15 000 Asylsuchenden rechnen muss, dann ist die Sprachförderung eine immense Sache. Wir als Volkshochschule sehen aber nicht nur die Sprachförderung als Ziel, sondern auch die Qualifizierung von ehrenamtlich Tätigen gehört dazu sowie demokratische Bildungsarbeit“, sagt er.
Martina Mauksch, einer gestandenen Deutschlehrerin im Ruhestand, oblag die teils schwierige Aufgabe, den Asylbewerbern in nur acht Wochen ihre Muttersprache näher zu bringen. Sie arbeitete für ein symbolisches Honorar und unterstützte den Kurs so persönlich mit. „Zum einen war die Zeit aber leider viel zu kurz, im Normalfall braucht man dafür ein Jahr. Und die recht kurzfristig herangeschafften Arbeitsmittel müssen dringend verbessert werden beim nächsten Mal“, sagt die 64-Jährige.
Stipendien für Schulausbildung
Aber ihre zwölf Schüler haben sich angestrengt. Man merkte, dass ihnen die Sache wichtig war. Fünf von ihnen haben sich ein Stipendium des Toleranzbündnisses für einen fortführenden Kurs erarbeitet. „Sie sollen fit gemacht werden, sodass sie ab September eine reguläre Schulausbildung im Berufsschulzentrum beginnen können“, so Richard Boes. Auch Yamem und Tarek sind dabei. Die jungen Männer freuen sich. Und müssen bis dahin richtig ranklotzen. Ihr Tagesablauf bekommt dadurch aber einen Sinn. Ob ein neuer, ähnlicher Sprachkurs ab September an der VHS startet, ist noch unklar. „Das hängt unter anderem vom Bedarf ab“, so Klaus Helbig. Doch müsste der nicht eigentlich da sein?
Auf dem kürzlich stattgefundenen Flüchtlingsgipfel hat die Bundesregierung jedenfalls auch versprochen, mehr Geld für Sprachkurse bereitzustellen. Sie sollen auch Asylbewerbern offenstehen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, die aber wahrscheinlich bleiben dürfen. Eine entsprechende Regelung hatten auch Unternehmer gefordert.
Sächsische Zeitung vom 27.06.2015
http://www.sz-online.de/nachrichten/deutsche-sprache-schwere-sprache-3135919.html